Fenster im Lichthof

Die Geschichte der Fakultät

Die heutige Katholisch-Theologische Fakultät geht bis auf das Gründungsjahr der Universität zurück und hat alle Standortverlegungen der Universität und ihre wechselvolle Geschichte mit durchlaufen. Heute ist sie ein weit über Deutschland hinaus anerkanntes wissenschaftliches Zentrum katholischer Theologie.

Einblicke in eine über 550-jährige Geschichte

Prof. Dr. Klaus Unterburger gibt im Rahmen eines Interviews Einblicke in die Geschichte der Katholisch-Theologischen Fakultät der LMU München.

14 min | 05.05.2023 | ©Katholisch-Theologische Fakultät

Gründungsfakultät in Ingolstadt

Bereits bei der feierlichen Eröffnung der Hohen Schule zu Ingolstadt im Jahr 1472 zählte die Theologie zum Fächerkanon der vom bayerischen Herzog Ludwig dem Reichen gestifteten Landesuniversität. Sie bildete zusammen mit den Rechtswissenschaften und der Medizin eine der höheren Fakultäten, für deren Besuch das vorherige Studium der Artes liberales Voraussetzung war. Während der ersten Jahrzehnte des 16. Jahrhunderts prägte mit Johannes Eck einer der profiliertesten Theologen und Gegenspieler der Reformation die Fakultät als Professor und Dekan. Um nach seinem Tod 1543 den theologischen Lehrbetrieb aufrecht erhalten zu können, erbat der bayerische Herzog vom Papst geeignete Theologieprofessoren. Erstmals übernahmen daraufhin Patres des neu gegründeten Jesuitenordens universitäre Lehrstühle. Der Fakultät kommt so eine wichtige Rolle in der Formation der jesuitischen Studienordnung und Unterrichtspraxis zu, die dann in nahezu der gesamten katholischen Welt bis ins 18. Jahrhundert hinein maßgebend wurde.

Umbrüche und Pionierarbeit

Zu den mit der Universität verbundenen Kollegien gehörte auch das 1494 gestiftete und noch heute bestehende Georgianum, das bald exklusiv der Theologenausbildung diente und in der Epoche der Aufklärung das Priesterseminar (im modernen Sinn) zunächst für alle bayerischen Diözesen werden sollte. Als die jesuitische Unterrichtsmethode im 18. Jahrhundert vermehrt in die Kritik geriet und der Orden schließlich 1773 durch Papst Clemens XIV. aufgehoben wurde, wurden viele theologische Lehrstühle von bedeutenden Gelehrten anderer bayerischer Orden übernommen. Im Jahr 1800 zog die Fakultät mit der gesamten Universität nach Landshut, da Ingolstadt als Festungsstadt militärisch gefährdet war. Die Universität war in dieser häufig als Sattelzeit der Moderne bezeichneten Epoche ein führender Ort der Debatte um Aufklärung und rationale Kritik in der katholischen Theologie. Benedikt Stattler verfasste seine für die Ausbildung des Fachs der katholischen Apologetik (Fundamentaltheologie) grundlegenden Werke. Sein Schüler Johann Michael Sailer war Pionier v.a. auf dem Gebiet der Pastoraltheologie; mit seinem in der christozentrischen Glaubenserfahrung gegründeten Priesterideal eines „Geistlich-Geistlichen“ prägte er nicht nur eine ganze Priestergeneration in Bayern, sondern wurde auch Erzieher des Kronprinzen Ludwig.

Bereit für die Moderne

Im Jahr 1826 verlegte dieser als König Ludwig I. die Universität in die Landeshauptstadt München. Nach dem Willen des Königs sollte sie eine führende Rolle in der Wissenschaft spielen und tatsächlich entwickelte sich die seit 1802 sog. Ludwig-Maximilians-Universität zu einer der angesehensten Hochschulen im deutschsprachigen Raum und zu einer Exponentin des auf Einheit von Forschung und Lehre, humanistisch-universaler Bildung und Berufsorientierung fundierten deutschen Universitätsideals, das international im 19. Jahrhundert höchstes Ansehen genoss. Auch die theologische Fakultät hatte nach dem Willen des Königs Anteil an dieser Entwicklung. Gerade durch die historisch-kritische Erschließung der Tradition als Quelle des Glaubens und durch den engen Kontakt mit der Philosophie der Gegenwart erlangte die Fakultät eine weit über die Grenzen Bayerns und Deutschlands ausstrahlende Bedeutung für die Erneuerung der katholischen Theologie. Seit 1826 lehrte der Kirchenhistoriker Ignaz von Döllinger an der Fakultät; 1835 wurde Johann Adam Möhler aus Tübingen berufen: zwei der international bekanntesten katholischen Denker des Jahrhunderts. Es kam in den folgenden Jahrzehnten zu einer zunehmenden Ausdifferenzierung der Theologie in ihren Disziplinen und hierbei zu zahlreichen wissenschaftlichen Pionierleistungen, auch wenn die geistigen Auseinandersetzungen um die Papstdogmen des I. Vatikanischen Konzils 1869/1870 und die Modernismuskrise des frühen 20. Jahrhunderts die Fakultät schwer erschüttert haben. Seit den 1880er Jahren wurde der moderne, methodisch das eigenständige Forschen schulende Seminarbetrieb in den theologischen Unterricht integriert.

Zeiten des Krieges und des Neuaufbaus

Nach dem Ersten Weltkrieg und der darauf folgenden Revolution gelang es der Fakultät, produktiv an ihre Leistungen des 19. Jahrhunderts anzuknüpfen. Der Dogmatikprofessor Martin Grabmann etwa war einer der weltweit angesehensten Kenner der mittelalterlichen Theologie- und Philosophiegeschichte. Allerdings führten die durch die nationalsozialistische Kirchen- und Wissenschaftspolitik hervorgerufenen Konflikte zwischen Staat und Kirche 1939 zur Schließung der Fakultät durch den NS-Staat. Bei der Wiedereröffnung 1946 wurden viele aus Breslau bzw. Ostdeutschland vertriebene Professoren integriert. 1947 kam es zur Errichtung des Kanonistischen Instituts, das seit 2001 nach dem damaligen Kirchenrechtsprofessor zum Klaus-Mörsdorf-Studium für Kanonistik umbenannt wurde. Seit 1948 erscheint die von der Fakultät herausgegebene Münchener Theologische Zeitschrift. 1953 erfolgte die Gründung des Martin-Grabmann-Forschungsinstituts für Mittelalterliche Theologie und Philosophie.

Die Zukunft im Blick

In der Zeit nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil gab es dann vor allem drei neue Entwicklungen. Erstens modernisierte sich die Theologie in allen Feldern dem Konzil entsprechend. Zweitens trat in Verbindung damit die Ökumene stärker in den Blick, besonders nachdem 1967 an der LMU die Evangelisch-Theologische Fakultät gegründet wurde und 1984 ein Lehrstuhl für Orthodoxe Theologie entstand, aus dem 1995 die heutige Ausbildungseinrichtung für Orthodoxe Theologie hervorging. Eine dritte Entwicklung war die seit den 1980er Jahren zunehmende, zumeist aus Drittmitteln geförderte, interdisziplinäre Verbundforschung; Mitglieder des Professoriums der Katholisch-Theologischen Fakultät wirkten oder wirken mit in Forschungszentren, Sonderforschungsbereichen, Graduiertenkollegs, einer Graduate School der Exzellenzinitiative und in verschiedenen anderen Forschungsverbünden.