Symposium: Die Neue Instruktion zur Pfarrgemeinde

Über das am 25. Oktober 2021 abgehaltene Symposium zur Instruktion „Die pastorale Umkehr der Pfarrgemeinde im Dienst an der missionarischen Sendung der Kirche“.

Am 29.06.2020 erließ die Kongregation für den Klerus die Instruktion „Die pastorale Umkehr der Pfarrgemeinde im Dienst an der missionarischen Sendung der Kirche“, die besonders in Deutschland und Österreich von großer Bedeutung ist, denn in den dortigen Diözesen sind bereits seit vielen Jahren unterschiedliche Prozesse der Umstrukturierung im Gang. Oft werden größere Einheiten geschaffen und neue Leitungsmodelle erprobt, was im Kirchenvolk mitunter Widerstände hervorruft. Das Klaus-Mörsdorf-Studium für Kanonistik der LMU München nahm dies zum Anlass, am Nachmittag des 25.10.2021 ein Symposium zur neuen Instruktion über die Pfarrgemeinde zu veranstalten, um zu untersuchen, was diese Instruktion intendiert und wie sie sich in konkreten Diözesen auswirkt. Dazu konnten vier Experten aus dem Bereich des Kirchenrechts sowie der Pastoraltheologie als Redner gewonnen werden, die den über 130 Teilnehmerinnen und Teilnehmern das Thema aus unterschiedlichen Perspektiven nahebrachten. Bereits im Vorfeld zeugte die überdurchschnittlich große Zahl an Anmeldungen von der hohen Aktualität und Relevanz der behandelten Materie. Die jeweilige Vorstellung der Referenten und Moderation der Vorträge wurde von Prof. Dr. Yves Kingata übernommen.

Nach einer Begrüßung durch den Dekan der katholisch-theologischen Fakultät und Geschäftsführenden Vorstand des Klaus-Mörsdorf-Studiums für Kanonistik, Herrn Prof. Dr. Dr. Elmar Güthoff, begann der erste Vortrag zum Thema „Pastorale Umkehr und Evangelisierung. Die Instruktion zur Pfarrgemeinde aus der Perspektive der Kongregation für den Klerus“. Da der Referent Msgr. Dr. Josef Gehr bereits seit über 10 Jahren bei der Kleruskongregation in Rom tätig ist, konnte er den ZuhörerInnen einen besonderen Einblick in die Instruktion bieten. Dazu gliederte er seinen Vortrag in drei Abschnitte: Nach einer Darlegung der Vorgeschichte der Instruktion ging er kurz auf den normativen Teil derselben ein, bei dem er klarstellte, dass diese Instruktion vor allem die Hirten der Kirche an das geltende universale Recht der Kirche erinnern möchte, da Instruktionen nach c. 34 CIC/83 keine neuen Gesetze enthalten und die Kongregation für den Klerus nach Art. 18 PB auch keine gesetzgebende Gewalt besitzt. Daraufhin beschäftigte sich der Referent besonders mit dem pastoralen Teil der Instruktion, der die theologischen und rechtlichen Grundlagen – ganz im Sinne von Papst Franziskus – durch pastorale Erwägungen zu ergänzen versucht. Dazu zählte unter anderem die Betrachtung der Pfarrei als Ort der Neuevangelisierung und der pastoralen Umkehr. Msgr. Gehr hob dabei hervor, dass es der Instruktion zunächst um eine Mentalitätsänderung und um ein Umdenken bei den an der Strukturreform beteiligten Personen gehe, um zu einer wirklich pastoralen und missionarischen Umkehr der Pfarrei zu gelangen.

Im zweiten Vortrag zum Thema „Die Strukturreformen in den (Erz-)Diözesen Köln und Trier im Licht der Instruktion zur Pfarrgemeinde“ warf Prof. Dr. Christoph Ohly, Inhaber des Lehrstuhls für Kirchenrecht und Rektor der Kölner Hochschule für Katholische Theologie (KHKT), einen Blick in die konkrete Praxis der beiden deutschen Diözesen Köln und Trier und bewertete deren Vorgehen bezüglich der Strukturreformen aus der Sicht des Kirchenrechts und der neuen Instruktion. Im sogenannten „Pastoralen Zukunftsweg“ der Diözese Köln sollen nun bis 2030 aus den jetzt rund 500 Pfarreien ca. 60 große Pfarreien mit jeweils mehreren Gemeinden geschaffen werden. Schon jetzt sind die Pfarreien in größeren Einheiten (180 Seelsorgebereiche) organisiert, die von einem Pfarrer geleitet werden, der sie zusammen mit einem pastoralen Team betreut. Ähnlich stellt sich die Situation in der Diözese Trier dar, in der die fast 890 Pfarreien bereits zu 172 Gemeinschaften zusammengeschlossen wurden, die in der Folge zu Pfarreien umgewandelt und auf einer weiteren Ebene zu Pastoralräumen zusammengefasst werden sollen.

Nach einer kurzen Pause schloss sich mit Prof. Dr. Dr. Severin J. Lederhilger OPraem ein weiterer, sehr praxisnaher Vortrag mit dem Titel „Die Hirtensorge als gemeinsame Aufgabe: Die Instruktion zur Pfarrgemeinde und die Strukturreform in der Diözese Linz“ an. Durch sein Amt als Generalvikar der Diözese Linz konnte er den TeilnehmerInnen besondere Einblicke in den dort sorgsam und in Übereinstimmung mit dem geltenden Kirchenrecht und der Instruktion geplanten Reformprozess bzw. in den sog. Linzer „Diözesanen Zukunftsweg: Kirche weit denken“ bieten. Nach einigen grundlegenden Einführungen, bei denen der Referent unter anderem die Hirtensorge als Kriterium für die diözesane Umgestaltung herausstellte (vgl. c. 374 § 1 CIC/83, vgl. CD 32), behandelte Prof. Lederhilger im Folgenden besonders das durch die Strukturreformen neu entstehende Verhältnis von Pfarre und Pfarrteilgemeinde sowie die Leitung und Zusammenarbeit in der Pfarre samt der partikularrechtlichen Möglichkeiten zur Ernennung eines sog. Pastoralvorstands und eines Verwaltungsvorstands als Hilfen des Pfarrers. Abschließend wies der Referent auf die einerseits ekklesiologische, andererseits dienstrechtliche Perspektive hin, die das partikularrechtliche Reformkonzept der Diözese Linz prägt, um dadurch ein verbindlich strukturiertes, wirklich pastorales Miteinander zu schaffen.

Der letzte Vortrag des Tages wurde von Prof. Dr. Andreas Wollbold, Inhaber des Lehrstuhls für Pastoraltheologie an der LMU München, zum Thema „Missionarische Umkehr und Klärung der Rollen. Zwei Seiten der einen Medaille der Instruktion“ übernommen. Dazu griff er in seiner Einleitung vier gängige Etiketten auf, mit denen die Pfarrei im öffentlichen Mainstream oftmals charakterisiert wird (sterbend, selbstverschlossen, sozial steril und klerikal), und benannte dazu einige kritische Anfragen. Anschließend ging der Referent aus pastoraltheologischer Sicht auf den Sinn der neuen Instruktion ein und sprach über das Verhältnis des pastoralen und des rechtlichen Teils derselben, das nicht als Bruch, sondern vielmehr als Verbindung zweier Seiten der einen Medaille zu sehen sei. In einem letzten Teil erläuterte der Referent schließlich einige strukturelle Voraussetzungen, die unter Berufung auf die Instruktion für eine erfolgreiche Pfarreireform unabdingbar sind.

Abgerundet wurde das Symposium durch eine Diskussion mit allen Vortragenden, die von Prof. Dr. Dr. Burkhard J. Berkmann moderiert wurde. Neben der dadurch eröffneten Möglichkeit für alle ZuhörerInnen, Rückfragen zu stellen, konnten nun das Kirchenrecht und die Pastoraltheologie zum behandelten Thema nochmals vertieft ins Gespräch kommen.

Aufgrund der Corona-Lage wurde das Symposium als Videokonferenz über Zoom abgehalten, wodurch ein gemütliches Beisammensein im Anschluss an die Vorträge und Diskussionen leider nicht möglich gewesen ist. Dennoch brachte das digitale Format auch Vorteile mit sich, denn dadurch konnten einige Personen teilnehmen, deren Anreiseweg für eine Präsenzveranstaltung zu weit gewesen wäre. Insgesamt bot das Symposium einen höchst interessanten Einblick in ein kirchenrechtlich wie pastoraltheologisch relevantes Thema, das Kirche und Wissenschaft wohl noch viele weitere Jahre beschäftigen wird.

Anna-Maria Bader